Freizeitpädagogik, das klingt zunächst nach Freizeit und wenig Arbeit – eine Vorstellung, die weit verbreitet ist und oft dazu führt, dass Kinder uns Freizeitpädagogen und -pädagoginnen fragen: „Warum spielt ihr denn nur? Habt ihr keinen richtigen Job?“ Genau in solchen Situationen können wir mit einem Schmunzeln erklären, wie wir unseren Job und unsere Aufgabe verstanden haben, denn hinter der scheinbar „spielerischen“ Arbeit verbirgt sich eine anspruchsvolle und wichtige pädagogische Aufgabe.
Gerade, weil Kinder oft nicht bemerken, dass „Pädagogik im Spiel ist“, können Freizeitpädagog:innen die Entwicklung von (Erziehungsstellen-)Kindern effektiv und nachhaltig fördern. Doch warum ist das so wichtig und warum ist Freizeitpädagogik mit Kindern und Jugendlichen seit 2009 ein fester Bestandteil des präventiven Konzeptes von Context e.V.?
Freizeitpädagogik bezieht sich auf die Begleitung und Förderung von Kindern und Jugendlichen außerhalb des schulischen und familiären Kontextes. In unserer Arbeit mit Erziehungsstellenkindern hat die Freizeitpädagogik, ähnlich wie ein Schweizer Taschenmesser, unterschiedliche Funktionen. Kompakt, immer anwendbar und hilfreich und kann einem in so manch einer schwierigen Situation weiterhelfen. Aber welche Werkzeuge und Funktionen bringt der freizeitpädagogische Bereich von Context e.V. im Vergleich zu anderen Initiativen genau mit sich?
Im Spiel lernen Kinder intuitiv. Sie entdecken neue Fähigkeiten, trainieren ihr soziales Verhalten, lernen zu kommunizieren und Konflikte zu lösen. Wenn ein Kind beispielsweise beim Klettern lernt, Hindernisse zu überwinden, trainiert es nicht nur körperliche Fertigkeiten, sondern auch Problemlösungsfähigkeiten, Mut und Durchhaltevermögen. Wenn Kinder beim Basteln oder Malen kreativ sind, entwickeln sie ihre Feinmotorik und ihr ästhetisches Empfinden. All dies geschieht beiläufig und ohne den Druck einer Bewertung anderer.
Auch das Spielen mit einem einfachen Ball kann in unterschiedlichen Bereichen für einen Kompetenzzuwachs sorgen. Dabei ist es absolut ok, wenn mit einem Basketball Fußball gespielt wird, der Volleyball als Federball dient oder der Fußball im Familienspiel (Mutter-Vater-Kind Spiel) als Kind verwendet wird. In diesem Rahmen können sich Kinder auf ihre Art und Weise entfalten, Neues ausprobieren und soziale Kompetenzen entwickeln. Sie lernen durch Erlebnisse und ständiges Ausprobieren und nicht durch (strenge) Anweisungen. Dadurch schaffen wir bei Context e.V. eine Umgebung, in der sich die Erziehungsstellenkinder wohlfühlen, sich erproben dürfen und sich nicht ständig bewertet fühlen – eine Umgebung, die entscheidend zur Persönlichkeitsbildung beiträgt.
Kinder lernen und wachsen oft am besten, wenn sie nicht merken, dass sie lernen. Unsere Freizeitpädagog:innen setzen bewusst auf diesen „unsichtbaren“ pädagogischen Einfluss, weil er den natürlichen Forschergeist und die Neugier der Kinder unterstützt. Wenn Kinder wissen, dass eine Aktivität „pädagogisch wertvoll“ sein soll, sind sie häufig skeptisch oder fühlen sich unter Druck gesetzt. Freizeitpädagogik bedeutet also auch, zwischen den Zeilen zu lesen und die Kinder auf sich zukommen zulassen. So schaffen Freizeitpädagog:innen eine Balance zwischen gezielter Förderung und freiem, selbstbestimmtem Lernen.
Für Kinder, die fragen, warum Freizeitpädagog:innen „immer spielen“, ist die Antwort oft einfach: „Weil Spielen auch unsere Arbeit ist – eine Arbeit, die wir lieben und die euch dabei hilft, stark, kreativ und selbstbewusst zu werden.“ Tatsächlich haben wir bei Context e.V. einen strukturierten Plan und ein klares Ziel, auch wenn das den Kindern nicht immer bewusst ist. Unsere Arbeit besteht darin, eine Welt zu schaffen, in der die Erziehungsstellenkinder mit Freude und ohne Druck leben und lernen und den alltäglichen Stress hinter sich lassen können.
Freizeitpädagog:innen sind mehr als nur Spielpartner:innen. Sie sind Beobachtende, die wissen, wann sie sich zurücknehmen und wann sie aktiv unterstützen müssen. Sie sind Vorbilder, die zeigen, wie man respektvoll und achtsam mit anderen umgeht und begleiten die Kinder in der Bewältigung alltäglicher Herausforderungen. Dadurch entsteht eine starke Vertrauensbasis, die es den Kindern erlaubt, auf eine authentische und nachhaltige Weise zu wachsen. Freizeitpädagog:innen sind nicht nur „Betreuer:innen“ – sie sind Begleiter:innen, die Kinder dabei unterstützen, ihr Potenzial voll zu entfalten.
Freizeitpädagog:innen müssen authentisch sein, weil ihre Echtheit eine wesentliche Grundlage für das Vertrauen und die emotionale Bindung zu den Kindern bildet. Nur wer den Kindern ehrlich gegenübertritt, kann sie auch darin schulen. Kinder haben ein feines Gespür dafür, ob Erwachsene ehrlich sind, und reagieren auf eine unechte Haltung oft mit Zurückhaltung oder Misstrauen.
Kinder lernen oft und viel durch Beobachtung. Authentisches Verhalten zeigt den Kindern, wie man respektvoll und ehrlich mit sich selbst und anderen umgeht. Indem sie authentisch sind, vermitteln unsere Freizeitpädagog:innen Werte wie Ehrlichkeit, Respekt und Mut zur eigenen Meinung auf eine greifbare und nachvollziehbare Weise.
Auch wir als Freizeitpädagog:innen dürfen mal einen schlechten Tag haben. Ebenfalls dürfen Fehler passieren oder uns etwas Unangenehmes geschehen. Wichtig ist hier, wie wir damit umgehen und unseren Erziehungsstellenkindern transparent einen Handlungsweg schildern. Passiert mir beispielweise ein Fehler, so darf ich den Kindern zeigen, dass es ok ist, falsch zu liegen und wie es richtig ist, sich bspw. zu entschuldigen. Durch diesen Weg lernen unsere Erziehungsstellenkinder auf natürlichen Wegen durch Beobachtung, und das machen Kinder besonders viel und gerne.
Freizeitpädagogik für Erziehungsstellenkinder
Um Freizeitpädagogik wirkungsvoll anzuwenden ist es wichtig, dass die Kinder und Jugendlichen aus eigenem Interesse teilnehmen. Wichtig ist die intrinsische Motivation des teilnehmenden Kindes.
Um möglichst viele Kinder anzusprechen, bietet Context e.V. unterschiedliche Bereiche und freizeitpädagogische Angebote – von regemäßigen Freizeitgruppen über Ferienprogramme bis zu individuellen Lösungen, die sich speziell an den individuellen Bedürfnissen eines oder mehrerer Erziehungsstellenkinder orientieren.
Mit einer Schwimmgruppe für alle, die sich im Wasser wohlfühlen, den Rheinpiraten und Weltentdeckern – zwei Gruppen, die jeden Spielplatz, Wald und ähnliches unsicher machen, oder dem C-Team, welches – neben Erfahrungen in der Natur – auch einmal Museen und Ausstellungen besucht, haben wir ein regelmäßiges und breit aufgestelltes Repertoire an Möglichkeiten.
Ergänzend kommen die individuellen Angebote hinzu.
In der Freizeitpädagogik bieten sich unterschiedliche erlebnisorientierte Lernorte an. Das Eintauchen in eine solche Welt sorgt dafür, dass das Erleben zum zentralen Moment des Lernens des Kindes wird. Ein Museum bietet beispielweise häufig einen Überschneidungsbereich von Bildung und Freizeit. Hier wird das Erleben des Kindes zum zentralen Moment. In diesem Szenario wird durch die Freizeitpädagogik ein Moment, bzw. Ort geboten, der Selbsterfahrung und Entwicklung der Sinne schafft und somit Orientierung und selbstgesteuertes Lernen der teilnehmenden Kinder ermöglicht.
Zudem sichern wir die Qualität unserer Arbeit, indem freizeitpädagogische Maßnahmen zu dem Aufgabenbereich unserer Fachberater:innen gehören. Durch freizeitpädagogische Maßnahmen wird die Partizipation und das Wohlergehen der Erziehungsstellenkinder sichergestellt. Ebenfalls wird durch die freizeitpädagogischen Aktionen sichergestellt, dass die Fachberater:innen immer in einer professionellen Beziehung zum Kind stehen und Bedürfnisse und Interessen, als auch aktuelle Themen des Erziehungsstellenkindes bekannt sind.
Unsere Fachberater:innen stehen beständig in engem Austausch mit dem Team des freizeitpädagogischen Bereichs, das die Gruppenangebote plant. Vier Augen sehen immer mehr als zwei, somit lassen sich die Ressourcen des einzelnen Kindes optimal ermitteln und unsere Erziehungsstellenkinder können besser und individueller gefördert werden.
Anders als bei vielen herkömmlichen Vereinen und Institutionen üblich, hat Context e.V. erkannt, dass Freizeitpädagogik mehr als nur eine Ergänzung zur klassischen Pädagogik ist. Freizeitpädagogische Angebote schaffen Räume, in denen Kinder soziale Kompetenzen entwickeln, Selbstvertrauen aufbauen und positive Gemeinschaftserfahrungen sammeln können. Das ist in unserer Arbeit mit Erziehungsstellenkindern eine besondere Bereicherung.
Die verschiedensten Gruppenangebote von Context e.V. sind speziell darauf ausgerichtet, Kindern und Jugendlichen aus Erziehungsstellenfamilien vielfältige Erfahrungen zu ermöglichen. In diesen Gruppensettings können sie spielerisch und ungezwungen soziale Kontakte knüpfen, Teamwork und Konfliktlösung lernen und ihre Interessen und Fähigkeiten entdecken.
Anders als in Schulen, Kindergärten oder bei anderen Institutionen ist es uns besonders wichtig, dass wir unsere Angebote an die Kids anpassen. Alter, Körpereigenschaften und andere Faktoren spielen hier erstmal keine Rolle. Unsere Gruppen sind bunt und verfolgen ein Ziel: „Spaß, Geborgenheit und immer ein gutes Gefühl dabei.“
Um die Angebote für alle unserer Erziehungsstellenkinder und Jugendlichen zugänglich zu machen, bieten wir sowohl größere als auch kleinere (Gruppen-) Angebote an. Wenn es jemandem in der Gruppe während einer Aktion zu wild wird, dann besteht immer die Möglichkeit, individuell und spontan dank der hohen personellen Besetzung (ein Betreuender begleitet maximal zwei Kinder) zu reagieren und die Situation mit dem Kind zu verlassen oder anzupassen.
Um Gefühlslagen und Zusammenhänge deuten zu können, setzt Context e.V. auf ein hoch qualifiziertes Team, welches mit einem geschulten Blick Situationen einschätzen und somit dem Erziehungsstellenkind durch wenig Input zum besten Kompetenzzuwachs verhelfen kann.
Konflikte und Probleme gehören auch auf dem Spielplatz dazu, wenn man weiß, wie man mit diesen umgeht. Die besten Lösungen sind bekanntlich die, bei denen Kinder durch eigenes Handeln und Denken ihr Ziel erreichen. Diesen eigenen Weg wollen wir nicht bevormunden.
Situationen, die durch ein Machtgefälle geregelt werden, wie zum Beispiel durch das Eingreifen eines Betreuenden, zeigen dem Erziehungsstellenkind keinen Lösungsweg und keine wiederabrufbare Methode auf, welche es zu einem späteren Zeitpunkt als gelernte Fähigkeit anwenden kann. Unser Ansatz ist, unsere Erziehungsstellenkinder dabei zu unterstützen, eigene Lösungen zu finden und Kompetenzen aufzubauen, um diese später als Werkzeug sicher anwenden zu können. Freizeitpädagogik ist hier Intensivpädagogik.
Bei fast allen Trägern in der Arbeit mit Erziehungsstellen- und Pflegekindern ist es eher unüblich, Freizeitpädagogik als inklusiven Teil der Arbeit zu verstehen und anzuwenden. Häufig kommt diese nur in besonderen Situationen zum Einsatz. Context e.V. unterscheidet sich hier deutlich von vielen anderen Trägern, da Freizeitpädagogik als fester Grundsatz in unserem Konzept verankert ist.
Bei Context e.V. werden freizeitpädagogische Maßnahmen bewusst und präventiv in der täglichen Arbeit eingesetzt.
Die unmittelbare freizeitpädagogische Arbeit der zuständigen Fachberater:innen mit dem Erziehungsstellenkind sorgt von Beginn an für einen direkten professionellen Beziehungsaufbau zum Kind, welcher von besonderer Bedeutung für eine gute Zusammenarbeit ist – ganz nach unserem Motto: „Beziehung macht den Unterschied.“
Ebenfalls haben unsere Erziehungsstellenkinder in den verschiedenen freizeitpädagogischen Angeboten die Möglichkeit, Kinder mit ähnlicher Biografie kennenzulernen und sich mit ihnen auszutauschen. Kinder aus der Kinder- und Jugendhilfe teilen häufig eine gemeinsame und sich ähnelnde Geschichte. Besonders wichtig ist es, dass die Kinder wissen und sehen, dass sie in ihrer Situation nicht allein sind. In einem solchen Umfeld wird die Beziehungsarbeit proaktiv gefördert und die Themen des Erziehungsstellenkindes werden transparent.
Kurz gesagt: Die Transparenz und die Offenheit der Kinder durch eine gute und professionelle Beziehung zwischen Erziehungsstellenkind und Fachberater:in, welche immens durch die freizeitpädagogischen Möglichkeiten gestärkt wird, hilft uns, die Themen, Sorgen, Ängste als auch Interessen und Vorstellungen des Kindes wahrzunehmen. Somit steht bei Context e.V. das Wohl des Kinds immer im Mittelpunkt. Dabei geben wir so viel Input wie nötig, aber so wenig wie möglich.
Die Menschen im Context e.V.- Team stehen in einem engen Austausch miteinander. Entwicklungen und Fortschritte der Erziehungsstellenkinder werden kommuniziert, denn nur wenige Sachen machen ein Kind so stolz, wie wenn das Umfeld die Erfolge mitbekommt und sich daran erfreuen darf. Die Kombination aus Gruppenangeboten und den individuellen freizeitpädagogischen Aktivitäten der Fachberater:innen ermöglichen eine umfassende Betreuung, bei der das Wohl und die Entwicklung der Erziehungsstellenkinder im Mittelpunkt stehen.
Dieser inklusive Ansatz in der Arbeit mit Erziehungsstellenkindern spiegelt die Überzeugung von Context e.V. wider, dass Kinder durch spielerisches Lernen und positive Gemeinschaftserfahrungen zu resilienten, selbstbewussten Persönlichkeiten heranwachsen. Somit unterstützen wir nachhaltige Entwicklungsprozesse und bieten den Kindern einen Raum, in dem sie mit Freude lernen und wachsen können.
26. November 2024
21. August 2024