• Katharina Kern
  • 18. März 2024
  • Pädagogik
  • 3 Minuten Lesezeit

Kinder und Feuer

 „Messer, Gabel, Schere, Licht – sind für alle Kinder Pflicht!?“

Kinder und Feuer – passt das zusammen? Als Gesellschaft und insbesondere als Eltern legen wir großen Wert darauf, dass unsere Kinder den Umgang mit Messer und Gabel erlernen. Sie sollen schließlich vernünftig essen, ohne dabei ihre Hände schmutzig zu machen. Es stellt eine gesellschaftliche Pflicht dar, dies unseren Kindern beizubringen. Was sollen sonst bloß die Leute denken…

Auch der Umgang mit der Schere wird im frühen Alter den Kindern nahegebracht. Sie basteln bereits im Kindergarten Geschenke für Freunde und Familie. Sie werden in ihrer Kreativität gefördert und erhalten Freiraum, ihre Fähigkeiten zu schulen.

Doch was ist mit dem Licht? Der Umgang mit Feuer wird meistens vermieden, verboten, verbannt: „Du darfst das nicht!“ „Finger weg!“ „Das ist nichts für Kinder!“ „Das ist zu gefährlich!“ „Du kannst dich verbrennen.“ „Das ist heiß!“

Feuer in der pädagogischen Arbeit

Ich bin Sozialpädagogin und Fachberaterin für Erziehungsstellenfamilien beim Kinder- und Jugendhilfeträger Context e.V. Schon länger beschäftige ich mich mit dem Thema Feuer –  nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch. Um meine bereits vorab gebildete Meinung über den Umgang mit Feuer zu untermauern, besuchte ich eine Fortbildung im Bereich der Feuerpädagogik, welche bei Jung und Alt zur Anwendung kommen kann.

Feuerpädagogik

Ein ganzes Wochenende lang durfte ich mit weiteren pädagogischen Fachkräften, der Feuerwehr und erfahrenen Feuerkünstlern das Element Feuer näher kennenlernen. Durch die theoretische Lehre und das eigene praktische Anwenden unter Aufsicht erfahrener Fachkräfte durfte ich selbst spüren, was der Umgang mit dem Feuer bei mir bewirkt.

Ich fühlte mich stark und selbstbewusst.

Das Wissen, wie und wann ich das Feuer behandeln muss, befähigte mich zu einem verantwortungsvollen Umgang damit. Indem mir aufgezeigt wurde, wie sich Feuer verhält und wie schnell es außer Kontrolle geraten kann, ließ mich der Umgang damit Ehrfurcht empfinden. Mir wurden diverse Anwendungen für verschiedene Altersklassen nahegebracht, welche im pädagogischen Kontext umzusetzen sind. In diesem Zusammenhang wurde mir der alltägliche begleitete Umgang sowie eine Feuerlehre für zu Hause mit Kindern nahegelegt.

Egal ob Pflegekind, Erziehungsstellenkind, Waisenkind oder das Kind in seiner leiblichen Familie – jedes Kind sollte den Umgang mit dem Element Feuer erlernen. Das Zusammenspiel „Feuer und Kind“ ist möglich und sinnvoll, sofern wir es begleiten, verantworten und lehren. Mit diesem Artikel möchte ich Interessierte dazu anregen, über den Umgang mit Feuer bei und mit ihren Kindern nachzudenken und sich -falls gewünscht- weitere Informationen dazu einzuholen.

Feuer im Alltag

Feuer ist eines unserer wichtigsten Elemente auf der Erde. Es begegnet uns permanent im Alltag. Wir nutzen dieses Element in Situationen, welche uns Freude bereiten und wohlige Momente bieten sollen. Sei es der Gasherd zum Kochen, der Grill im Sommer, die Geburtstagskerze auf dem Kuchen, der Kamin im Wohnzimmer, die Feuerschale auf der Terrasse oder auch Lagerfeuer und Osterfeuer an Wochenenden und Feiertagen. Selbst für die gemütliche Atmosphäre im Haus zünden wir Kerzen an. Das flackernde Licht, das mystische Knistern, die Wärme und die Helligkeit faszinieren Jung und Alt. Wir nutzen dieses Element in Situationen, die uns Freude bereiten sollen oder um uns wohlzufühlen und um zu entspannen.

Etwas konträr zu dem, was wir den Kindern über das Feuer vermitteln, oder?

Kinder den Umgang mit Feuer lehren

Um Kindern den Umgang mit Wasser beizubringen und seine Gefahren von ihnen fern zu halten, lehren wir sie das Schwimmen. Sie lernen, mit dem Element zu leben. Sie lernen, sich nicht zu schaden und es für sich selbst zu nutzen.

Den Umgang mit dem Feuer zu lehren, ist vergleichbar damit, das Schwimmen beizubringen.

Die Rettungsschwimmerregeln oder die Baderegeln sind vergleichbar der Brandschutzerziehung. Wir vermitteln mögliche Risiken und Gefahren, darüber hinaus, welches Verhalten unsererseits angemessen und hilfreich ist. Die Konsequenzen bestimmter Verhaltensweisen praktisch aufzuzeigen, Verständnis für das Verhalten des Elements zu entwickeln, die innerliche und äußerliche Wirkung dessen zu spüren und sie erleben zu lassen, das ist das, was wir unseren Kindern beibringen sollten.

Kindliche Neugierde und Verbote

Die kindliche Neugier ist stark und wird selten dadurch befriedigt, dass wir Verbote erteilen und Risiken meiden. Feuer ist ein faszinierendes Element, welches diese Neugier aufblühen lässt. Das Vermeiden macht die Neugier nur noch größer und die Sache interessanter. Es entwickelt sich Experimentierlust, ein Drang, elterliche Verbote zu überschreiten.

Diese Experimentierlust wird gestillt, indem sich das Kind in einem sicheren Rahmen ausprobieren darf, indem es seine Selbstwirksamkeit spürt und Gefahren durch Erfahrung versteht und indem es die Aussagen der Erwachsenen durch eigenes Handeln nachvollziehen kann.

Altersgerechter Umgang mit Feuer

Respektvollen Umgang mit Feuer zu lehren und Ängstlichkeit zu nehmen, ist das, was wir durch das gemeinsame und altersgerechte Heranführen bei unseren Kindern bewirken. Feurige Situationen für unsere Kinder zugänglich zu machen, das praktische Anwenden mit den eigenen Händen, das Erschaffen, das Händeln und das Bewältigen befähigen unsere Kinder dazu, einen eigenständigen Umgang damit zu lernen. Es befähigt sie dazu, Gefahren einzuschätzen und sich selbst zu schützen. Wir als Eltern wollen die Entwicklung unserer Kinder aktiv gestalten und sollten auch hier nicht davon ausgehen, dass die Gefahrentheorie genügt, um die kindliche Abenteuerlust, die Neugier und den Drang nach Selbstwirksamkeit zu stillen.

Feuer als Bestandteil von Ritualen und Kreativität

Das Feuer ist vieles mehr als nur gefährlich. Es lässt uns kreativ werden, es macht uns nachdenklich und bringt uns zusammen. Es ist Teil sämtlicher Rituale verschiedenster Kulturen für Freude, Trauer und Zusammenhalt. Es ist ein Überlebenselement, welches unseren Erfahrungshorizont erweitert, unsere Fähigkeiten sich weiterentwickeln lässt und uns soziale Kompetenzen verschafft. Riskante Leichtfertigkeit mit Gefahren wird gemindert und das Bewusstsein dafür gestärkt.

Verantwortungsvollen Umgang mit Feuer lernen

Ein gemeinsames altersgerechtes Ausprobieren, welches individuell an die motorischen und kognitiven Fertigkeiten unserer Kinder angepasst ist, führt zu einem verantwortungsvollen Umgang mit dem Element Feuer, denn: Durch Sachkenntnis und praktische Erfahrung wirken wir präventiv, Gefahren und Unfälle verhütend.

Unterstützung zur Feuererziehung

Wenn ich mich als Verantwortliche:r, nicht dazu befähigt fühle, ein Kind den Umgang mit Feuer zu lehren, mir vielleicht nicht sicher bin, welcher Umgang altersgerecht ist oder welche Übungen oder Aufgaben passend sind, ist es möglich, sich dahingehend zu informieren, sich Hilfe und Anregungen zu holen oder das Kind für passende AGs oder Kurse anzumelden.

Dabei stehen Ihnen das Context e.V.-Team und unsere Fachberatungen gerne zur Seite.

Sie haben Interesse an weiteren pädagogischen Themen? Dann stöbern Sie gerne mal in unserer Beitragsreihe „Gute Gründe“.

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